Prof. Dr. med. Pawel Mroczkowski im Gespräch mit Dziennik Berlinski

przez Bartek Bukowski

Prof. Dr. med. Pawel Mroczkowski, Fot. ResearchGate

Herr Prof. Dr. med. Paweł Mroczkowski hat in Warschau und Zürich studiert und in Tübingen promoviert. Seit 2004 ist er an der Otto-von Guericke-Universität-Magdeburg tätig, 2012 habilitiert, seit 2016 apl. Professor. In seiner Heimat erwarb er die Facharztbezeichnungen „Allgemeine Chirurgie“ und „Onkologische Chirurgie“, nach seinem Umzug nach Deutschland die Facharztbezeichnungen „Chirurgie“, „Viszeralchirurgie“ und „Proktologie“. Seit 2014 leitet er das Darmkrebszentrum der Universitätsklinik Magdeburg. Der klinische Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der onkologischen Chirurgie, vor allem dem kolorektalen Karzinom, wissenschaftlich widmete er sich primär der Versorgungsforschung und chirurgischen Qualitätssicherung.

DB: Was hat Sie dazu bewegt, Medizin zu studieren?

PM: Das ist eine längere Geschichte. Eigentlich wollte ich Journalist werden und auf diese Weise die Welt verändern. Aber 1986, als ich mein Abitur in Warschau gemacht habe, war das Journalismusstudium nur als Kaderschule des herrschenden realexistierenden Sozialismus zugänglich, was für mich nicht in Frage kam. Sicherlich hat meine Familie, vor allem meine Mutter, eine sehr wichtige Motivationsrolle gespielt, nicht ohne Bedeutung war auch die religiöse Dimension, Medizin als ein Dienst am Nächsten. Und ein Quäntchen Glück, das Medizinstudium war schon damals sehr begehrt…

Die Krebserkrankungen gehören zu Ihren Hauptwirkungsfeldern. Haben Sie als Arzt eine eigene Herangehensweise an die Krebspatienten?

Die Krebspatienten stehen vor einer potenziell tödlichen Krankheit, sie sind plötzlich mit existenziellen Fragen konfrontiert, einer Art Gesamtüberprüfung des Lebens. Um den Patienten dabei begleiten zu können, muss man diese Fragen zuerst für sich selbst beantwortet haben. Es ist eine schwierige Mischung – einerseits muss man sich als Partner des Patienten verstehen, dazu gehört das Gebot der Wahrheit – früher oder später merken die Patienten, wenn sie belogen werden, dann verlieren sie nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch das Vertrauen – eine grausame Praxis schlecht ausgebildeter Ärzte. Auf der anderen Seite darf man die Wahrheit dem Patienten nicht aufdrängen – der Patient hat das Recht, zu wissen. Und auch das Recht, nicht zu wissen. Und wieder – man darf dem Patienten keine falsche Hoffnung schenken, aber man darf ihm auch nicht jede Hoffnung stehlen. Meiner Meinung nach ist der Verlauf weniger dramatisch, wenn man vom Anfang an offen und einfühlsam über die Krankheit, Behandlung, möglich Verläufe und Komplikationen redet. Der Patient soll wissen, dass er dem Arzt nicht egal ist und dass der Arzt auf seiner Seite steht. Nicht mehr, und auch nicht weniger.

Ist Ihre Familie hier mit Ihnen in Deutschland?

Ja, drei meiner vier Kinder sind sogar in Magdeburg geboren, seit 9 Jahren lebt auch meine Mutter bei uns. Wir haben eine polnische Drei-Generationen-Familie in Deutschland.

Wie geht es Ihrer Familie - den Kindern?

Ich bin der falsche Ansprechpartner, aber ich glaube, wir haben keinen Grund zu klagen. Es ist ein Leben als Emigrant, doch mit allen modernen Informationstechniken, dem Zugang zu Medien relativiert sich diese Dimension.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit, falls Sie über Freizeit verfügen?

Freizeit ist zwar kein Fremdwort, aber ein kostbares und seltenes Gut. Ich lese, versuche etwas mit den Kindern zu unternehmen, reduziere meinen Schlafmangel…

Hobby? Sport?

Mein Sportstudio besuche ich viel zu selten, die Fliegerei ist nur in den Ferien, und das auch nicht immer, möglich. Sicherlich ist dieser Bereich noch ausbaufähig…

Könnten Sie mit einem, zwei Wörtern die Menschen beschreiben, mit denen Sie hier zu tun haben?

Kollegen - gute Mitstreiter

Chef – Vorbild und Autorität

Personal – gut und leistungsfähig

Einstellung zu Ausländern – kann nicht pauschal beantwortet werden

Wenn Sie Magdeburg mit einer anderen Stadt vergleichen sollten, an welche Stadt erinnert Sie Magdeburg: an Zürich, Warschau, Lodz, Wuppertal, Chicago, Stockholm, Potsdam?

Magdeburg erinnert nur an Magdeburg. Auf alle Fälle ist die Stadt wesentlich besser als ihr Ruf, wirtschaftlich und demographisch hat sie jedoch keine sichtbare Perspektive.

Wo haben Sie sich am besten gefühlt?

Ich glaube nicht diese Frage beantworten zu können. Ein anderer Mensch lebte in Warschau, Zürich, Wuppertal, Tübingen etc, ein anderer lebt jetzt in Magdeburg. Die Städte sind anders, aber auch der Mensch ist ein anderer, hat eine andere Position, spielt eine andere Rolle, ist auch älter, erfahrener… Ich habe nicht damit gerechnet, so lange in Magdeburg zu bleiben, aber es ist eine gute Zeit geworden, für die ich dankbar bin.

Sie verlassen Magdeburg in Richtung Kassel.

Ja, es ist die normale Entwicklung einer Universitätslaufbahn in Deutschland, nach der Habilitation, aber spätestens nach der Professur sollte man die Universität verlassen und in einem Versorgungshaus tätig werden. Ab Mitte Oktober werde ich als Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Elisabeth-Krankenhaus in Kassel sein.

Sie engagieren sich doch auch für Ihre Landsleute in Magdeburg! Gibt es viele Bekanntschaften, vielleicht Mitarbeiter oder Patienten?

Magdeburg hat eine verhältnismäßig kleine polnische Gemeinschaft, es ist leider keine Gegend, die auf Polen einladend wirkt. Die Regelungen des Nachbarschaftsvertrages von 1991 werden hier nicht gelebt. Es gibt keine Option für einen Polnischunterricht für Schulkinder, keine polnische Seelsorge. Gepaart mit der wirtschaftlichen Situation ist es sicherlich kein Anreiz für Polen, in diese Stadt zu kommen. Deutschland hat mit einem gewaltigen Fachkräftemangel zu tun, die Polen, die aktuell nach Deutschland kommen, sind in der Regel gut qualifiziert und wählen die Regionen, die ihnen bessere Perspektiven anbieten.

Als praktizierender - "aktiver" Katholik vermissen Sie die polnisch-sprachige Seelsorge in Magdeburg, sie haben sogar schon versucht, den Magdeburger Bischof dazu zu bewegen, die Entstehung einer Polnischen Katholischen Mission in der Elbestadt zu erlauben. Wie hat er reagiert?

Bischof Dr. Feige hat gar nicht reagiert. Der offene Brief an ihn, unterschrieben von 131 Personen, blieb unbeantwortet, es fand auch kein Treffen mit Seiner Exzellenz statt. In den 2-3 Gesprächen mit den Angestellten des Bistums wurde unser Anliegen abgelehnt.

Im Bistum Magdeburg leben ca. 4500 Katholiken mit polnischem Pass und eine nicht genau zu beziffernde Zahl von "eingedeutschten" Polen, die auch ihre Kirchensteuer bezahlen. Mit diesen vorsichtig geschätzten 3 Mio. Euro schafft man es jährlich gerade 12 heilige Messen in polnischer Sprache abzuhalten. Ist das nicht deprimierend? Da müsste man auch fragen, wo landet dieses Geld?

Das Geld spielt in dieser Frage sicherlich keine Rolle, das ist allen Beteiligten klar. Es geht um die zentrale Frage der katholischen Kirche in Deutschland, um die Frage der Glaubwürdigkeit. Seine Exzellenz Dr. Feige leitet die Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, ist also ein wichtiger hoher Vertreter der gesamten katholischen Kirche in Deutschland. Er unternimmt interreligiöse Projekte, schreibt Hirtenbriefe über die Willkommenskultur und Migranten, aber wenn eine katholische Gruppe um Seelsorge in eigener Sprache bittet, dann ist das ein Tabuthema. Man hat den Eindruck, dass der Bischof eher einen Moscheebau oder eine evangelische Gruppe unterstützen würde, als die polnischen Katholiken. Das Bistum Magdeburg betont immer, wie groß der Priestermangel ist. In dem Moment jedoch, in dem ein polnischer Priester, der sich sowohl um die deutschen, als auch um die polnischen Katholiken kümmern würde, nach Magdeburg entsandt werden könnte, entsteht eine Mauer.

Die Argumentation, dass Polen in Magdeburg eine Art Ghetto bilden würden ist absurd. Finden Sie nicht?

Man sollte zuerst eine Ausländergruppe benennen, die in Magdeburg besser integriert ist als die Polen. Bei der vom Bistum Magdeburg blockierten polnischen Seelsorge geht es um eine typische Basisarbeit – um die Feier der Sakramente, Katechese, geistliche Begleitung, eine Kirche, in der man nicht bei der Passionslesung am Palmsonntag oder Karfreitag sitzen bleibt. Die Kirche in Polen genießt eine andere Anerkennung und spielt eine andere Rolle, als die katholische Kirche in Deutschland, es sollte doch jedem daran gelegen sein, dass dieser Schatz des Glaubens und der religiösen Tradition weiter getragen wird. Aber ich muss es als eigenes Versagen eingestehen – alle Mühen, alle Versuche waren nicht ausreichend, um die Vorurteile und die Blockade des Bistums zu überwinden. Ich war nicht gut genug, mea culpa.

Wohin würden Sie sich als Rentner zurückziehen - nach Polen - in welche Stadt?

Die Rente müsste man zuerst erleben… Vorher habe ich mir kein Leben außerhalb einer Großstadt, außerhalb von Warschau vorstellen können. Jetzt wirkt Warschau eher fremd auf mich, es ist eine sehr aggressive Stadt geworden, mit einem enormen Kampf um Positionen, Einflüsse, Geld, viel mehr Schein als Sein. Ein Haus irgendwo am See, weit entfernt von den Touristen und Lärm wäre eine Option. Aber im Alter braucht man mehr Infrastruktur, Ärzte, Krankenhäuser, also wieder eine Großstadt…

Und weltweit?

Es gibt viele Regionen, die ich mag, es würde mir schwer fallen, mich auf eine festzulegen. Ob die Reisefreiheit, die wir noch genießen, zu meiner Rentenzeit erhalten bleibt, ist offen.

Und Ihre Berufspläne: bleiben Sie in Deutschland oder möchten Sie irgendwann doch zurück nach Polen?

Ich gehe davon aus, dass ich beruflich weiterhin in Deutschland tätig sein werde. Bei aller Kritik und bei den schmerzhaften Erfahrungen mit dem Bistum Magdeburg mag ich dieses Land, ich mag die Menschen, die Kultur, ich bin gerne hier. Ich habe von diesem Land einiges bekommen und ich habe diesem Land einiges gegeben, aus meiner Sicht ist es eine gesunde Beziehung…

Wird man eines Tages den Kampf gegen den Krebs gewinnen, vielleicht in 10, 20, 100 Jahren, oder wird die Krankheit immer wieder zurückschlagen?

Der Mensch wird sterblich bleiben, wie die Todesursache heißen wird, ist sekundär. Der Krebs ist eine meistens faire Krankheit, er lässt einem etwas Zeit um seine Sachen zu ordnen, manchmal verschwindet er ganz und war nur eine gelbe Karte, die kritisch hinterfragt, was wir mit unserem Leben getan haben…

Ich bedanke mich für das Gespräch, wünsche viel Erfolg und viel Glück 

Mit Herrn Prof. Dr. med. Pawel Mroczkowski für "Dziennik Berlinski" sprach Bartek Bukowski

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